Freitag, 28. April 2017

Das Geheimnis der Schwimmerin





Inhalt
Simon Watson lebt allein in einem verwitterten Haus an der Küste Long Islands. Eines Tages findet er ein altes Buch auf seiner Türschwelle, das ihn sofort in seinen Bann zieht. Die brüchigen Seiten erzählen von einer großen Liebe, vom dramatischen Tod einer Schwimmerin und vom tragischen Schicksal einer ganzen Familie – Simons eigener Familie. Denn wie es scheint, finden die Watson-Frauen seit 250 Jahren im Wasser den Tod – immer am 24. Juli. Auch Simons Mutter ertrank in den Fluten des Atlantiks. Als nun seine Schwester Enola zu Besuch kommt, scheint sie seltsam verändert – und der 24. Juli steht unmittelbar bevor …

Rezension
In dieser wundervoll geschriebenen Geschichte geht es um zwei Personen in zwei verschiedenen Zeiten. Der eine Handlungsstrang spielt um 1800 herum, der andere verläuft in der Gegenwart. In wechselnden Kapiteln wird ab einem gewissen Punkt klar, dass diese zwei Geschichten ineinander laufen.

Zum einen geht es um Simon Watson der einsame Bibliothekar, dessen Mutter sehr früh ertrunken ist und sein Vater Jahre später ebenfalls gestorben ist und nur noch seine kleine Schwester lebt, die jedoch vor sechs Jahren das weite gesucht hat und seitdem nicht mehr zuhause war.
Simon bekommt eines Tages ein Paket zugestellt mit einem seltsamen alten Buch enthalten. Er erfährt in diesem Buch mehr über seine Familiengeschichte und das auf den Frauen in dieser Familie ein Fluch lastet. Keine Frau in dieser Familie wird älter als 30 und alle ertrinken am 24. Juli obwohl sie alle sehr gute Schwimmerinnen sind.
Ganz unerwartet und ohne Begründung wieso kommt seine Schwester nach sechs Jahren wieder nach Hause um ihn zu besuchen. Simon stellt fest wie seltsam sich seine Schwester Enola verhält und das sie etwas verheimlicht. Mit der Zeit wird ihm klar, dass das Verhalten seiner Schwester mit dem Fluch zu tun hat und ihm nur zehn Tage bleiben bis zum 24. Juli. Zehn Tage um heraus zu finden was es mit dem Fluch auf sich hat und wie er zu brechen ist.

Bei der anderen Person handelt es sich um den kleinen stummen Jungen Amos der in ärmliche Verhältnisse hinein geboren wird und von seinem Vater im Wald ausgesetzt wird um nicht noch ein weiteres Maul stopfen zu müssen. Bis ihn der Zirkusdirektor Peabody entdeckt verbringt er einige Jahre unentdeckt im Wald. Peabody steckt ihn als Attraktion nackt in einen Käfigen und präsentiert ihn als "junger Wilder" da er sich benimmt wie ein wildes Tier und damit aufsehen erregt.
Mit voranschreitendem Alter lernt er bei der Wahrsagerin das Tarotkarten legen und arbeitet mit ihr zusammen. Bis eines Tages ein junges Mädchen im Wanderzirkus aufgenommen wird, welches bis zu zehn Minuten unter Wasser bleiben kann ohne Luft zu holen. Amos ist fasziniert von dem jungen Mädchen und wird immer mehr in ihren Bann gezogen. Sie verheimlicht etwas und was hat es mit dem verschwinden der Wahrsagerin auf sich, die der Meerjungfrau schon immer Misstraut hat?

Zu Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten in das Buch rein zu kommen. Doch mit der Zeit packte es mich dann doch. Das uralte Buch zieht einen in den Bann, da man wissen möchte was es damit auf sich hat. Das Leben und die Darstellung der Zirkusleute ist mehr als spannend, zu erfahren warum die Personen in dem Zirkus gelandet sind und wieso sie so handeln war sehr interessant.
Das Warum hält einen an dem Buch. Warum sind es immer nur Schwimmerinnen? Warum hält Simon so an dem Haus fest? Warum verhält sich Enola so merkwürdig seitdem sie wieder zuhause ist? Und was hat es mit den Tarotkarten auf sich?
Der Wechsel zwischen den Kapitel und dadurch auch der Wechsel zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart gelingt Erika Swyler einwandfrei. Ebenso die Spannung und das lösen des Rätsel hält bis zur letzten Seite an.

Montag, 24. April 2017

Der Menschenmacher


Inhalt
Evolviere! – David starrt den Brief an, in dem nur dieses eine Wort steht, und schon kehren die grausamen Erinnerungen zurück: wie seine alleinstehende Mutter tödlich verunglückte, als er sechs Jahre alt war. Wie er zusammen mit zwei weiteren Kindern von einem Mann adoptiert wurde, den sie "Vater" nennen sollten. Wie dieser seine Adoptivkinder mit Brutalität und Grausamkeit dazu bewegen wollte, zu "evolvieren." Zwanzig Jahre später hat David sich zum angesehenen Schriftsteller entwickelt, doch die Schatten seiner Vergangenheit scheinen nicht ruhen zu wollen. Damals hatten die Kinder einhellig Vaters Tod beschlossen und sind ein großes Wagnis eingegangen. Hat Vater überlebt? Beginnt der Albtraum für David von Neuem? Cody Mcfadyen beweist mit diesem brutalen, emotionalen Thriller wahre Erzählkunst.

Rezension
Dies war mein allererstes Buch von Cody McFadyen. Den Namen verband ich bisher immer mit viel Blut, Gänsehaut und einer gewaltigen Ladung Spannung. Dementsprechend erwartungsvoll bin ich also an dieses Buch herangegangen.

Die Gegenwartsgeschichte ist eine Schnitzeljagd bzw. ein Wettkampf um Leben und Tod, den die drei Hauptfiguren aufgezwungen bekommen. In ausführlichen Rückblenden wird die Vorgeschichte der drei aufgerollt.

Allison, Charlie und David waren Waisenkinder aus ärmlichen Verhältnissen, als sie von Streifenpolizist Bob Gray adoptiert wurden, und damit begann für sie eine Zeit unglaublicher physischer und psychischer Misshandlungen, die sie nur mit einem mutigen Schnitt beenden konnten.
EVOLVIEREN, nennt er diese spezielle Art der Reifeprüfung.
Nur ab und zu verlässt Bob das Haus, manchmal für Stunden, dann wieder für Tage. Während dieser Zeiten genießen die Kinder jeden Augenblick. Nach und nach werden sie dabei auch mutiger und verlassen das Haus. Sie gehen schwimmen oder ins Kino. Immer mit der Angst im Nacken, Bob könnte eher zurück sein, als sie selbst.

Zwanzig Jahre später erhält der mittlerweile sehr erfolgreiche Autor David einen Umschlag. Ein einziges Wort steht auf dem inne liegenden Zettel: EVOLVIERE. Und damit kehrt die Vergangenheit zurück und bringt noch neue schreckliche Grausamkeiten mit.

Wenn ich das Buch mit einem Wort beschreiben müsste, würde ich es "beklemmend" nennen. Cody McFadyen schreibt mit einer anschaulichen und wortgewaltigen Sprache, sodass man als Leser gar nicht anders kann als ein bombastisches Kopfkino aufzubauen. Kopfschütteln und Gänsehaut beim Lesen sind die Folgen.

Die Wortwahl reicht von deftig ordinär bis bildhaft direkt. Seine Sätze sind mit einem Sog zu vergleichen, der mich unbarmherzig durch die einzelnen Seiten trieb.
Die so entstehende Spannung wurde durch verschiedene Handlungsstränge und den Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart noch verstärkt, und hielt sich bis zum Schluss.


"Der Menschenmacher" zeigt uns Abgründe auf, die es leider viel zu häufig in unserer Gesellschaft gibt: Kinderprostitution, Vergewaltigung, Misshandlung, Entführung etc. Hier werden Ängste hervorgerufen, die jeder von uns in sich hat. Und genau das macht dieses Buch zu einem grauenhaft faszinierenden Thriller.

Freitag, 21. April 2017

Der Satan schläft nie - Mein Leben bei den Zwölf Stämmen





 Inhalt
 „Ich wurde gezwungen, meine Kinder zu züchtigen.“

Die Hälfte seines Lebens verbrachte Robert Pleyer bei den Zwölf Stämmen, einer radikal-christlichen Sekte, die Gewalt gegenüber Kindern für ein göttliches Gebot hält. Sein Bericht über das Innenleben dieser mysteriösen Gemeinschaft ist eine schockierende Geschichte über religiösen Fundamentalismus mitten in Deutschland.

Rezension 
Ich fing an zu lesen und konnte nicht mehr damit aufhören. Die Beschreibung, wie der Autor in die Sekte gelangt ist, ist absolut glaubwürdig und authentisch. Dann beim Weiterlesen die detaillierte Schilderung des Umgangs mit den schwächsten Gliedern der Gruppe, den Kindern. Der Schock darüber, dass so etwas in Deutschland möglich ist und der Wunsch, diese Kinder mögen nie wieder zu ihren Eltern zurück müssen. Der Autor und der Co-Autor bringen mit gut gewählten Worten, ohne Effekthascherei und persönliche Rachegelüste dem Leser nahe aus welchen Maschen religiöser Fundamentalismus und Fanatismus gestrickt sind und warum man sich in ihnen verfangen kann. Ein Buch, das lange nachhallt und zum Nachdenken anregt. Ein Buch, das heilsam schmerzt.

Robert Pleyer hat es geschafft sich aus dieser Gemeinschaft zu lösen und beschreibt in seinem Buch "Der Satan schläft nie" die teils widersprüchliche Denkweise der Glaubensgemeinschaft, seinen Einstieg und seine Erfahrungen schonungslos und detailliert.
20 Jahre hat Pleyer bei den "Zwölf Stämmen" gelebt, seine Kinder gezüchtigt, seinen eigenen Willen in den Hintergrund gestellt und sich immer wieder fragen müssen, ob er wirklich auf dem richtigen Weg ist.

Dadurch, dass er die Mechanismen dieser Gemeinschaft offenbart, ist schnell klar wieso Menschen in die Mühlen solch einer Sekte geraten. Erzwungene Harmonie, Gehorsam und eigenständiges Denken werden den Jüngern regelrecht abgewöhnt. Noch fataler ist es, wenn Gemeindemitglieder in die Gemeinschaft hineingeboren werden –die Gehirnwäsche fruchtet dann noch intensiver, was der Autor selbst erfahren musste. Seine Ehefrau lebt heute wieder in der Gemeinschaft!

Ich habe dieses Buch mit viel Kopfschütteln und Entsetzen gelesen, ich war über die Züchtigungen zutiefst erschüttert. Das ein Vater sein wenige Wochen altes Kind mit der Rute schlägt war für mich nicht auszuhalten.

Robert Pleyer hat es geschafft auszusteigen. Noch heute kämpft er mit den Regeln und Gebräuchen, die ihm jahrelang vermittelt worden sind. Umso beeindruckender finde ich es, dass er allen Widrigkeiten zum Trotz für seine Freiheit kämpft!

Während du stirbst



Inhalt
"Sehr wahrscheinlich werde ich TOT sein, bevor Sie das hier zu Ende gelesen haben."

Drei Dinge gibt es über Jessica Gold zu wissen: Sie ist neunundzwanzig Jahre alt, sie hat eine Knopfphobie, und sie wurde entführt. Von einem Fremden, der sie zwölf Tage lang in seiner Wohnung gefangen hält, sie mit perfiden Grausamkeiten quält, sie angekettet in einer Hundehütte am Fuß seines Bettes schlafen lässt. Und jeden Tag überreicht er seinem Opfer ein Geschenk – eines grausamer als das letzte –, bis Jessica am zwölften Tag sicher weiß: Der Mann wird sie töten. Doch Jessica hat ein Geheimnis, von dem niemand etwas ahnt …

Rezension
Jessica Gold ist anders: ein bisschen naiv, ein bisschen verpeilt und irgendwie nicht so ganz von dieser Welt. Warum also spricht Dominic sie an? Der attraktive Mann sieht aus, wie aus einem Hollywood-Film entstiegen und flirtet mit der Endzwanzigerin, was das Zeug hält. Völlig um den Finger gewickelt, willigt Jessica ein, mit ihm zu gehen. Und ahnt dabei nicht, dass sie sich damit auf die 12 schlimmsten Weihnachtstage ihres Lebens eingelassen hat...

"Während du stirbst" ist der erste Thriller von Tammy Cohen und ich kann nur sagen: Oh mein Gott. Ich bin ja wirklich vieles gewohnt, aber hier hat mir die Autorin den Boden unter den Füßen weggezogen. Grandios!
 
Die Geschichte wird aus 2 Perspektiven geschildert. Zum Einen berichtet Jessica direkt von ihrem Martyrium bei Dominic. Sie schildert, was er mit ihr tut, was er verlangt und was es mit ihr macht. Zum anderen erfährt man von einem auktorialen Erzähler von der Polizeiarbeit, die anläuft, als klar wird, dass Jessica verschwunden ist. Dabei begleitet man die Polizistin Kim, deren Karriere wichtiger zu sein scheint als ihre Familie und ihre Kinder. Diese Mischung hat mich beeindruckt, zumal Tammy Cohen die Ermittler nicht glorifiziert oder überzeichnet. Das hat mir gefallen.

Die Figuren sind sehr gut ausgearbeitet. Vor allem Jessica hat mich da beeindruckt. Sie muss bei Dominic die schlimmsten Erniedrigungen erleiden und auch noch brav zuhören, wenn er aus seinem mehr als verkorksten Leben erzählt. Ich hatte mit ihr Angst, habe mich mit ihr geduckt, wenn Dominic den Raum betrat und mich gemeinsam mit ihr nach einer Fluchtmöglichkeit umgesehen. Ich war so tief in der Geschichte drin, dass ich nicht merkte, wie die Zeit voranschritt. Toll!

Die Story hat mich von Seite 1 an überzeugt und gefangen genommen. An einem Punkt dachte ich: "Wie jetzt? Wie will die Autorin da wieder raus kommen?" Und sie tat es. Einfach so, mit mega viel Spannung, mit einem Einblick in die menschliche Psyche, der tiefer nicht hätte sein können und mit einer Fortführung, die selbst mich eingefleischter Thrillerleserin das Schauern lehrte. Ich bin hin und weg.

Der Stil von Tammy Cohen ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist direkt und dabei so alltäglich normal, dass die Grausamkeiten nur noch deutlicher zu Tage treten. Während ich mit Jessica mitleiden konnte, baute ich durch die veränderte Erzählweise zur Polizistin Kim eine Distanz auf. Einfach genial gemacht!